Altes Dorfschulhaus Tjeerd Coehoorn, 2018.

Fred und Cécile Zimmermann - Stiftung

Kunst und Kultur im Alten Dorfschulhaus bei der Kirche in Wattenwil



Bruchstücke aus der Geschichte Wattenwils

1925    Mitteilung aus der Burgergemeinde Wattenwil

Bei der Kirchenrenovation wird im Knauf des Kirchturms der vom Burgerschreiber und Burgerkassier Simon Krebs sen. verfasste Bericht hinterlegt:

❝  Der Burgerwald von Wattenwil umfasst 624 Hektaren Wald. Derselbe hatte bis zum Jahr 1920 eine Grundsteuerschatzung von 619 580 Franken. Im Jahr 1920 hat eine Revision der Grundsteuerschatzung stattgefunden und wurde der Burgerwald um 102% höher eingeschätzt, so dass dieselbe nun 1 165 940 Franken beträgt. Aus diesen Waldungen können jährlich 1 800 m³ Holz geschlagen werden. Im Jahr 1925 waren 366 nutzungsberechtigte Burger. 248 Familien, welche das ganze Recht bezogen, d.h. 3 m³ Nutzholz und 2 Forsthaufen, und 118 ledige oder verwitwete Personen, welche das halbe Recht, d.h. 1 ½ m³ Nutzholz und 1 Forsthaufen, bekamen. In den Jahren 1880 und 1884 wurde das Allmendland, welches früher (1840-1884) von den Burgern nur pachtweise benutzt wurde, aufgeteilt.

Jede burgerliche Familie bekam 2 Jucharten, d.h. 72 Aren Land als Eigentum zugeteilt, wofür sie der Burgergemeinde 520 Franken schulden und dieses Capital à 5 % verzinsen müssen.

Noch früher, d.h. vor dem Jahr 1840, wurde das Burgerland zu Weidezwecken benutzt. Jeder Burger konnte sein Vieh auf die Weide treiben. An verschiedenen Orten waren Türli angebracht, so in der Mettlen, wo es gegenwärtig noch heisst «beim Mettlentürli», und im Dorf, wo es heisst «beim Galgentürli».

Im Jahr 1917 hat im Burgerwald eine grosse Rutschung stattgefunden. 40 Hektaren Wald im Schmiedenbruch und Tiefengraben sind nach der Gürbe zu abgerutscht, den darauf sich befindliche schöne Tannenbestand teilweise unter sich begrabend.

Die Burgergemeinde muss jährlich ca. 20 000 Franken Steuern (Abgaben) bezahlen. 10 000 Franken Gemeindeteile an die Einwohnergemeinde Wattenwil, 6 000 Franken an den Staat Bern und 3 654 Franken Schwellentell.

Die Schweiz hat auch während dem Weltkrieg 1914-18 grosse Ausgaben gehabt für militärische Zwecke, Grenzbesetzung etc. Zur Deckung dieser Auslagen werden ausserordentliche eidgenössische Kriegssteuern bezogen. Die erste Steuerperiode 1921–24 musste die Burgergemeinde 9 600 Franken Kriegssteuer bezahlen. Voraussichtlich wird diese Steuer noch bis 1934 bezogen.

In den Kriegsjahren war eine sehr teure Zeit. Alles ging in die Höhe. Für 36 Aren Land, Kulturland, wurden durchschnittlich 6 000 Franken bezahlt.

Milchwirtschaftliches

Bis zum Jahr 1890 war in Wattenwil nur eine Käserei. Die Milch vom Grundbach und Mettlen wurde ins Dorf getragen, wo sie verkäset wurde. Im Jahr 1890 wurde dann im Grundbach noch eine Käserei gebaut und im Jahr 1898 auch in der Mettlen, so dass nun 3 Käsereien sind. Die Milch wurde in den Jahren 1890-1900 für 7-10 Rappen per Liter verkauft.

Während dem Weltkrieg 1914-18 wurde die Milch vom Käser zu 36,5 Rappen per Liter gekauft und in der Käserei wurde sie zu 42 Rappen per Liter an die Konsumenten verkauft.

Gegenwärtig, d.h. im Jahr 1925, verkauften die Bauern die Milch an Käser Ernst Ryser von Krauchthal für 25,5 Rappen per Liter in die Käserei geliefert zum Käsen. In der Käserei wird sie für 32 Rappen ausgemessen.

In der Gemeinde sind gegenwärtig 1 500 Stück Vieh.

Im Jahr 1914 wurden mittlere gute Milchkühe für 600 bis 800 Franken verkauft. Im Kriegsjahr 1918 galten die gleiche Qualität Kühe 2 500-3 000 Franken. Im Jahr 1925 1 400-1 600 Franken.

Schöne Zugpferde galten in den Kriegsjahren 3 000 bis 4 000 Franken. Im Jahr 1925 1 500-2 000 Franken.

Schöne prämierte Zuchtstiere wurden in den letzten Jahren bis 10 000 Franken per Stück verkauft.

Ferkel galten in den Kriegsjahren 1917 und 1918 300 Franken das Paar. Im Jahr 1924 150 Franken. Im Jahr 1925 15-25 Franken per Paar.

Fette Schweine galten im Jahr 1914 per Kilo Lebendgewicht 1 Franken. Im Jahr 1918 8.30 Franken per Kilo Lebendgewicht. Im Jahr 1924 2 und Jahr 1925 1.50 Franken.

Futtermittelpreise:
Im Jahr 1913:
Hafer 18 Rappen per Kilo
Mais 18 Rappen per Kilo
Futtermehl 16-18 Rappen per Kilo
Backmehl 22-24 Rappen per Kilo
Im Jahr 1918:
Hafer 80-100 Rappen per Kilo
Mais 80-90 Rappen per Kilo
Futtermehl war keines vorhanden.
Backmehl 72 Rappen per Kilo
Im Jahr 1925:
Hafer 30 Rappen per Kilo
Mais 35 Rappen per Kilo
Futtermehl 35 Rappen per Kilo
Backmehl 60 Rappen per Kilo

Wein in den Wirtschaften:
In den Jahren
1914: 1.20-1.40 Franken per Liter
1918: 3.00-3.80 Franken per Liter
1925: 2.40-3.40 Franken per Liter

Bundesschnaps:
In den Jahren
1914: 1.50 Franken per Liter
1918: 6.00-8.00 Franken per Liter
1925: 2.00-2.50 Franken per Liter

Heupreise:
In den Jahren
1914: 12.00-15.00 Franken per 100 Kilos
1918: 40.00-60.80 Franken per 100 Kilos
1925: 9.00-13.00 Franken per 100 Kilos

Kartoffelpreise:
In den Jahren:
1914: 9.20 Franken per 100 Kilos
1918: 20.00-30.00 Franken per 100 Kilos
1925: 15.00-20.00 Franken per 100 Kilos

In den Jahren 1914-15 wurden in Wattenwil ca. 100 Hektaren Land drainiert: Hagen, Ey, Breitmoos, Gsang und Aftermoos. Kosten 115 000 Franken. Gemeindebeitrag 15 000 Franken. Später wurden auch die grossen Möser bei Thurnen, Toffen und Belp drainiert. Im Jahr 1897 wurde von Christian Krebs, Wirt zum Bären, die erste Mähmaschine in Wattenwil eingeführt.

Im Jahr 1907 wurde im Dorf Wattenwil das elektrische Licht installiert.

Im Jahr 1920 regierte in Wattenwil die Maul- und Klauenseuche auf eine schreckliche Art. Mehr als die Hälfte der Tiere waren damit befallen und viele mussten abgetan werden.

Das Jahr 1893 war ein sehr trockenes Jahr. Heu gab es bereits keines [ ,?] dagegen sehr gutes Emd gab es ziemlich viel.

Kühe wurden verkauft für 100 Franken. Das Heu wurde im Frühjahr verkauft zu 25-30 Franken per 100 Kilos.

Im gleichen Jahr wurden in Wattenwil die Viehzuchtgenossenschaft und die Landwirtschaftliche Genossenschaft gegründet. Im Jahr 1924 hatte die Landwirtschaftliche Genossenschaft einen Umsatz von 210 000 Franken.


Wattenwil, 14. Juli 1925

Burgerobmann: Ernst Krebs, von der Wydimatt
Burgerschreiber & Burgerkassier: Simon Krebs, vom Bären.  ❞

Quelle und weiterführende Dokumentation:

«Bilder aus der Geschichte von Wattenwil im Knopf des Kirchturms deponiert». Text verfasst von Simon Krebs, vom Bären, Burgerschreiber und Burgerkassier von Wattenwil, 1925.