Altes Dorfschulhaus Tjeerd Coehoorn, 2018.

Fred und Cécile Zimmermann - Stiftung

Kunst und Kultur im Alten Dorfschulhaus bei der Kirche in Wattenwil



Bruchstücke aus der Geschichte Wattenwils

1760-1852    Spuren des Söldnerwesens in Wattenwil

Hans Niederhauser berichtet über Wattenwiler in fremden Kriegsdiensten und hat die Texte 2 und 3 transkribiert:

1 Pfarrer Daniel Rudolf De Losea, Pfarrer in Wattenwil von 1763-1781

Er ist der Autor der Pfarrberichte von 1764 und 1780, war vorher Feldprediger beim Schweizergarderegiment in Den Haag, Holland.

1760 Werbung in Wattenwil für den Solddienst im Königreich Frankreich 2

❝ Sont. den 20. Januarij 1760 sind, auf erhaltene Nachricht, dass am Neüjahrs-Tag abend, wie auch Sontag den 6. und 13. diss auss Anlass der von hiesigem Wirth selbsten gemachter werbungen in Französioschen Kriegs-Dienst, im Wirthshauss allhier gedanzet worden seye, folgende Persohnen vor Chorgericht zured gestellet und wegen danzens verhört worden, Daniel Schneider oben in der Ey, David Wenger des Davids Sohn, Bendicht Jaussi des schräpfers Sohn, Hanss Guggisperg des müllers Sohn, welcher aber verneint, gedanzet zu haben, item Christina Stübj des öhlers Tochter und Elsbeth Krebs, oder Gritlis-Elsi in der Fröschgassen, diesse haben - ausgenohmen der Guggisperg - bekent, gedanzt zu haben.  ❞

1760 Noch mehr Werbung im hiesigen Wirtshaus 2

❝ 1760 Martij: Sontag den 2 ten ist auf beschechende citation Vor Chorgericht erschinnen der alhiesige lechenwirth Daniel Streit Von Zimmerwald, welcher letzten Neüjahrs-tag und 2 Sontage danach in Königl: Französischen Kriegsdienst soldaten anzuwerben gesucht, und daher in dem Wirthshaus als ein Werber geygen auch tanzen lassen; dises betragen ward ihme ernstlichen für dissmahl Vorgehalten, und fürs künftige abgewehret, in wiederhandlendem fall werde Er nach der Chorgr. Sazung anzusehen seyn.  ❞

1762 Nicht allein nach Wattenwil auf Urlaub gekommen 2

❝ 1762 Octob. den 3 ten wurde vor Ehrbarkeit Zu erscheinen Citiert Hans Wenger aus der faulen Hütten in Diensten der Höchmögenden Herren General Staat in Holand under Reg. Stürler wegen einer Weibspersohn die er mit sich gebracht und seithero bei seinen Eltern erhalten, worüber er zur Red gestelt und befragt wurde was es mit dieser jungen Weibspersohn für eine bewandnuss habe, worauf er mit gebühr geantwortet, er habe im sinn diese persohn zu heirathen es seye eine Burgerstochter von Mastrich er warte nur auff den tauffschein so werde er sich mit ihro copulieren lassen und so bald seine erlaubnuss Zeith oder Semester vorbey so werde er mit ihro wieder auf mastrich verreisen den er seye nicht gesinnt seine tag hier zuzubringen.  ❞

1833 Ein Vergehen mit bösen Folgen 3

❝ Schweizer Regiment von Wyttenbach No. 4, in Diensten Seiner Majestät des Königs beider Sizilien, Namens des Capitulierten Kantons.

Heute, den sechs und zwanzigsten July 1800 drei und dreissig hat sich das Kriegsgericht des in Arellino detaschierten zweiten Bataillons obbemeldten Regiments auf Befehl des Herrn Major von Wattenwyl, Commandierender des benannten Bataillons laut Vorschrift der bei den Schweizer Truppen in Kraft stehenden Criminellorder versammelt und in dem von dem Bataillon gebildeten Quarré erkannt und geurtheilt:

Den eines Diebstahls an einem Cameraden über zehn Franken angeklagten und überwiesenen Christian von Niederhäusern von Wattenwil, Kanton Bern, 27 Jahr alt und Soldat bei der 6 ten Füsilier-Compagnie 2 ten Bataillons zu 6 Jahren Präsidio (öffentliche Arbeit).

sig. Capitaine Albert Forer, Major Fr. von Wattenwyl, Oberst de Gingins.  ❞

Das Vergehen hat noch private Folgen:

❝ Enterbungs-Testament

Ich Friedrich von Niederhäusern, von Wattenwyl, angesessen im Gmeis daselbst, alt 68 Jahre, verheirathet, Vater von acht lebenden Kindern, errichte im Stande eigenen Rechts, errichte im Zustande der Besonnenheit und Willensfreiheit aus dem Grunde dass mein ältester Sohn Christen von Niederhäusern, von Wattenwyl, dermahl sich aufhaltend zu Burgenstein, fortwährend der Verschwendung und theilweise Müssiggang hingibt und ganz besonders aus dem Grund, dass er sich in Neapel eines Diebstahls schuldig gemacht und desshalb zu sechs Jahren Galeerenstrafe peinlich verurtheilt worden, vermöge des mir in diesem Falle nach Satzung 547 zustehenden Rechts, in Beobachtung der gesetzlichen Fömlichkeiten und nach Vorschrift der Satzung 548, unter dem Gebete zu Gott für meinen seligen Hinschied aus dieser Welt um des Verdienstes Jesu Christi willen das gegenwärtige Testament:

Es soll mein gedachter ältester Sohn Christen von Niederhäusern seines verübten Vergehens wegen von mir enterbt und von meiner dereinstigen Erbschaft gänzlich ausgeschlossen sein.

Dezember 1852.  ❞

Quellen und weiterführende Dokumentationen:

1 Studer Robert, «300 Jahre Kirche Wattenwil 1683-1983», 1983.

2 Chorgerichtsmanual der Kirchgemeinde Wattenwil.

3 Altes Gemeindearchiv im «Chefeli» in Wattenwil, nicht katalogisiert.

Transkriptionen von Hans Niederhauser.