Altes Dorfschulhaus Tjeerd Coehoorn, 2018.

Fred und Cécile Zimmermann - Stiftung

Kunst und Kultur im Alten Dorfschulhaus bei der Kirche in Wattenwil



Bruchstücke aus der Geschichte Wattenwils

1692    Pfarrbericht aus Wattenwil

Bei einer Kirchenrenovation wird im Knauf des Kirchturms der von Pfarrer Jacob Rubin verfasste Bericht gefunden:

❝  Kurzer Bericht von diesem Thurn und auch von der Kirchen.

Wattenweil hat von Anfang den Gottesdienst zu Thurnen verrichtet und ist eine Filial Kirchen gewest; aber Anno 1659 hat es einer hochweisen Obrigkeit gefallen, einen Predicanten dahin zu verordnen. Ist also der erste Predicant zu Wattenwil gewesen: Herr Abraham Haberrüther.

Auff denselben ist in wenig Jahren hernach kommen Herr Daniel Rohr, welcher im Jahr 1683 beiden den Thurn und die Kirchen hat vergrössern lassen. Der dritte Predicant ist gewesen, der sich allhier underschrieben und der ich mit Einstimmung der Gemeind diesen Bericht in den Knopf gelegt hab.

Anno 1691 ist dieser Turn betreffend das Holzwerck mit dem Knopf und Fahnen erhandelt und ggekauft worden umb 9. Kronen und ein Taler zum Drinkgelt. Ist zu Seelhoffen gestanden.

Anno 1692 im Julio ist er auffgerichtet worden von dem Meister Stärr imt der Reuthi, nach dem das Gemeur des Thurn vast umb 9. Schuh ist erhöheret worden. Der Kosten in allem belaufft sich uff 500 lb.

Zur selbigen Zeit als dieses Werck ist fürgenommen und gemacht worden, ware Oberherr und Venner der hochgeachtete und hochweise Herr Abraham Tillier und Amman der Ehrsamme Heinrich Zimmermann, Weibel der bescheidene Hans Bärger. Chorrichter die Bescheidenen: Hans Bäler, Christen Trachsel, Bendicht Megert, Christen Krebs und Hans Kisslig. Chorweibel und Sigrist Rudolph Schober und Sekelmeister Bendicht Portner.

An diesem 1692 Jahr wahr sonderlich denkwürdig, dass man einen Mütt Dinkel umb 5 Kronen gegeben, das Mäss Kärnen 25, 26, 27 Batzen. Einen Mütt Haber 4 Kronen und drüber. Das Mäss Haber umb 9 Batzen, dass Mäss Gersten um 15, 16 Batzen, das Mäss Wickenj 19, 20 Batzen. Den Wein dan hat man die Mass umb 5 Batzen geben, den geringsten umb 4 Batzen.

Grad umb die Zeit als man am Thurn gebauen, hat es ein erschreckliches Ungewitter geben auff den allernächsten Bergen. Als auf Blattenheid, Neunenen, Oberwirtheren, dass die Gürben gar vil Güter überschwembt hat; ist in der Mittlen hinein und daselbst durch alle Güter geloffen, hat viel Kraut und auch Gewächs verderbt und etlich Tag hernäch als die Gemein hat Schwellen wollen ist die Gürben einmals daher kommen und hatt ihnen die Schwelli unter den Händen weg genommen also dass man hat fliehen müssen. Ist wohl ein gefährlich Wasser, Gott wolle dasselbe einschränken, dass es keinen Schaden mehr thüe.

In dieser Zeit ist die Gemein sehr starkt an Volk gewesen, also dass uff die 185 Haushaltungen sind gezehlt worden. Aber wegen der thüren Zeit viel Arme darunder; so weit dass eine gnädige Obrigkeit aus Mitleiden uns eine schöne Steur gegeben, nemblich 4 Mütt Dinckel und 4 Mütt Haber. Welche wir den Armen in Mähl aufzutheilen gutt funden.

An den Riederen und Allmend Aeckeren hatt nieman so vil angesäyt, dass der Zeenden nur daselbsten gern 30 Mütt golten hatt. Sonst hatt der ganze Zeenden 156 ja 165 Mütt golten.

Anno 1692 da dieser Thurn ist auffgebauen worden haben die Engeländer und Holänder eine grosse Victorj über die Franzosen erhalten. Auff dem Meer, das die Franzosen auf die 50 Schiff verlohren haben, darunder etliche auff 80 bis 100 Stück geführt haben. An Manschafft haben sie verlohren bis auff 20 000 Man. Aber hingegen haben die Engeländer und Holänder nit ein einiches Schiff genzlich eingebüsset und nur 500 Man verlohren.

Grad im selbigen Jahr ist die Vestung Namur an die Franzosen übergangen. Haben aber bis auf die 18 000 Man darvor im Stich lassen müssen.

Beide Königen Ludovicus der 14. in Gallia und Wilhelmus der I. in Anglia sind wider ein ander im Feld gelegen, der erst mit 100 000 Mann der ander mit 70 oder 80 000 Mann.

In diesem Jahr ist auch die Vestung Gross Wazadein an den römischen Kaiser übergangen.

Gott lass eine Christenheit
überwinden alle Zeit
Er behüte sein Gemein
und führ sie zum Himmel ein
Lass dein Wort o Gott ausbreiten
Hier und dort zu allen Zeiten
SOLI DEO GLORIA.

Jacob Rubin von Thun,
verbj divini Minister in Wattenweil den 15. July 1692.  ❞

Quelle und weiterführende Dokumentation:

«Bilder aus der Geschichte von Wattenwil im Knopf des Kirchturms deponiert». Text verfasst von Rubin Jacob, Pfarrer in Wattenwil 1686-1730. Transkription: Hans Niederhauser.